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Was ist ein „seelengebundenes Token“ (Soulbound Token)?

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Die wichtigsten Erkenntnisse
– Das Konzept „seelengebundener Tokens“ (SBTs) wurde in einem von Vitalik Buterin, Glen Weyl und Puja Ohlhaver veröffentlichten kürzlich erschienenen Whitepaper vorgestellt.

– SBTs sind ein Grundbaustein des aufkommenden Web-3.0-Trends „Dezentralisierte Gesellschaft“ (DeSoc).

– SBTs sind NFTs, jedoch mit anderen Eigenschaften. SBTs sind öffentlich verifizierbare, nicht übertragbare digitale Tokens.

– SBTs erweitern das Anwendungsspektrum von NFTs. Sie können für unveränderbare Datensätze wie etwa den beruflichen Werdegang und akademische Qualifikationen verwendet werden.

– Zu den möglichen Anwendungsbereichen dieser Tokens zählen Bildung, Beruf und Karriere (z. B. in Form eines digitalen Lebenslaufs) und der Nachweis der Teilnahme an wichtigen Programmen. SBTs eignen sich perfekt als Wissensnachweis (Proof of Knowledge).

NFTs existieren zwar schon etwas länger, zum Hype wurden sie aber erst, nachdem der Digitalkünstler Beeple im März 2021 eine NFT-Collage für mehr als 69 Mio. USD verkaufte. Bei NFTs handelt es sich vereinfacht gesagt um tokenisierte Versionen digitaler Vermögenswerte, die erworben, verkauft und gehandelt werden können.

Zu den wichtigsten Einsatzzwecken von NFTs zählt der Nachweis der Eigentümerschaft. Ausgehend vom ERC-721-Standard enthält die NFT-Schnittstelle Details wie die Eigentümerschaft, Metadaten und weitere auf der Blockchain gespeicherte Informationen. Doch genau hier liegt das Problem. In ihrer aktuellen Form sind NFTs auf die Eigentümerschaft beschränkt.

NFTs sind übertragbar

NFTs kamen bislang vor allem in der Kunst, im Immobilienbereich, bei Play-to-Earn-Spielen und beim Verkauf von Sammlerstücken zum Einsatz, wo sie den Nachweis der Eigentümerschaft an einem Wert erbringen. NFTs können aber dennoch gehandelt und von jedermann gekauft werden, womit vorausgesetzt wäre, dass ein jeder Eigentümer eines NFTs werden kann. Dies bedeutet, das ihr Zweck auf den Nachweis der Eigentümerschaft beschränkt ist – ohne dabei aber für den Nachweis „erworbener“ Attribute wie Fähigkeiten, Erfahrung oder Wissen konzipiert zu sein.

Dies lässt sich gut am Anwesenheitsnachweisprotokoll (Proof Of Attendance Protocol, POAP) veranschaulichen, mit dem Teilnehmer einer Veranstaltung digitale Anwesenheitsnachweise oder Teilnahmeabzeichen erhalten. Werden diese Nachweise oder Abzeichen als NFT an andere Personen verkauft, dann werden die Käufer zu Eigentümern, obwohl sie die Veranstaltung nicht besucht haben. Im Zuge der aktuellen Dynamik von NFTs lassen sich die einzigartigen Leistungen oder Qualifikationen einer bestimmten Person an andere Personen übertragen. Damit entsteht das Problem der Authentizität, da es nicht möglich ist, die Glaubwürdigkeit dieser Nachweise oder Abzeichen zu überprüfen. Zur Lösung dieses Problems kommen nun die seelengebundenen Tokens ins Spiel.

Was sind „seelengebundene Tokens“ (Soulbound Tokens)?

In einem kürzlich veröffentlichen Whitepaper erörtern Vitalik Buterin, Glen Weyl und Puja Ohlhaver die Möglichkeiten der Schaffung einer dezentralisierten Gesellschaft (DeSoc) und seelengebundener Tokens (Soulbound Tokens, SBTs). Der Name geht auf das Spiel „World of Warcraft“ zurück. SBTs sind nicht übertragbare NFTs, die in privaten Krypto-Wallets – den sogenannten „Seelen“ – gehalten werden.

Seelengebundene Tokens sind nicht übertragbar; nach ihrem Erwerb sind sie dauerhaft an Ihre persönliche Wallet und Identität gebunden; sie können nicht an andere Personen verkauft oder weitergegeben werden. Damit sind sie die ideale Option, um Vermögenswerte abzubilden, die nicht durch Kauf erworben werden können, etwa Befähigungsnachweise, Reputationsnachweise, Patientenakten usw.

Dadurch, dass sie nicht übertragen werden können, sind sie – wie an den o. g. Beispielen verdeutlicht – lebenslang an den jeweiligen Nutzer gebunden. Der Eigentümer des Tokens kann anschließend kontrollieren, wem er die im Token enthaltenen Daten zugänglich machen möchte. Außerdem hat er die Möglichkeit, diesen Zugang nach eigenem Ermessen zu widerrufen. SBTs bieten also eine Lösung für Personen, die maximale Kontrolle über ihre persönlichen Daten wünschen, da SBTs die Verwaltung dieser Daten die tokenisierter Form ermöglichen, statt in einer zentralen Datenbank abgelegt zu sein.

Akzeptanz als Grundvoraussetzung für den Erfolg von SBTs

SBTs können jedoch nur an Bedeutung gewinnen, wenn sie auf wachsende Akzeptanz der Einrichtungen und Institutionen stoßen, die diese Token herausgeben sollen. Wichtige Akteure, für die SBTs relevant sein könnten, sind beispielsweise Schulen, Personalvermittler und Veranstalter, allerdings erst dann, wenn sie über die Infrastruktur zur Interaktion mit tokenisierten Vermögenswerten verfügen.

Anwendungsbereiche für seelengebundene Tokens

SBTs bieten sich für ein breites Einsatzspektrum an. Hier einige Beispiele:

  • Ausbildungs- und Arbeitshistorie – Einsatz als Nachweis in wichtigen Institutionen, etwa im Bildungssektor. Bei Studienabschluss kann dem Absolventen von der „Seele“-Wallet der Bildungseinrichtung die entsprechende Bescheinigung ausgestellt werden. Das SBT würde die Qualifikationen des Absolventen und damit zugleich den Nachweis ihrer Authentizität dokumentieren. Auf gleiche Weise enthält das SBT auch personenbezogene Daten, individuelle Leistungen und Arbeitsqualifikationen. Damit kann ein SBT auch als digitaler Lebenslauf bei der Stellensuche und auf dem weiteren Karriereweg zum Einsatz kommen.
  • Kredithistorie – Ein SBT kann auch von Gläubigern genutzt werden, um die Kreditauskunft über den Kreditsuchenden einzusehen und dabei die Kreditvergabebereitschaft positiv beeinflussen, da von der entsprechenden Person ein Nachweis ihrer bisherigen Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen vorliegt.
  • Patientenakte – Eine Patientenakte in Form eines SBT ermöglicht einen nahtlosen Prozess bei einem Arztwechsel oder bei der Suche nach einer Versicherung. Damit entfallen lästige Schritte wie die Verifizierung der Identität, die Anforderung medizinischer Unterlagen und die erneute Schilderung der Krankheitsgeschichte bei einem Arztwechsel.

Die Grenzen seelengebundener Tokens

Das von Buterin und seinen Ko-Autoren vorgelegte Whitepaper hat mehrere Fragen aufgeworfen, beispielsweise zu den Folgen bei einem Verlust der Schlüssel. Wenn der Zugriff auf das ursprüngliche Wallet nicht mehr möglich ist und die darin gesicherten SBTs nicht in eine andere Wallet übertragen werden können, werden Nutzer dann für immer „ihre Seele verlieren“? Außerdem werfen die in einem SBT gespeicherten sensiblen Informationen kritische Fragen zur Sicherheit der Nutzung seelengebundener Tokens auf.

Auf die Frage, was beim Verlust der Schlüssel geschieht, verweisen Buterin und sein Team auf einen Wiederherstellungsmechanismus der SBTs, mit dem sichergestellt werden soll, dass die Schlüssel mithilfe eines vom Schlüsseleigentümer wählbaren „Hüters“ („Guardian“) wiederhergestellt werden können. Zum Thema Sicherheit sensibler Informationen wird von den Autoren angeführt, dass sich der Nutzer entscheiden kann, ob sein SBT öffentlich oder privat ist. Damit könnten der Nutzer und seine Daten vor Online-Datenmissbrauch geschützt werden.

Neben den oben genannten Aspekten wurde auch darüber spekuliert, inwieweit diese Anwendungsbereiche negative Auswirkungen wie etwa die Entstehung eines „Sozialkredit-Systems“ nach sich ziehen könnten. Eine Form des Sozialkredit-Systems, das mit einem Sozialkredit-Rating oder mit schwarzen Listen zur Kontrolle des Nutzerverhaltens einhergeht, wird derzeit in China entwickelt. Jeder Online-Benutzername einer Person wird mit einer ID-Nummer aus der realen Welt verknüpft, und alle mit dieser Person verbundenen Daten werden online gespeichert. Auf diese Weise lassen sich Menschen mit „problematischer“ Historie einfach identifizieren, was ethische Fragen zu Datenschutz und Privatsphäre sowie zur Nutzung dieser Tokens aufwirft.

Die Zukunft seelengebundener Tokens

Kehren wir an den Ausgangspunkt zurück. Das Ziel einer Blockchain besteht nicht nur darin, Werte zu speichern, sondern auch darin, Menschen wie dir und mir die Souveränität über ihre Daten und deren Nutzung zu ermöglichen. Mit dem Aufkommen von SBTs besitzt der Normalbürger die Kontrolle über seine Daten und kann selbst entscheiden, wie er diese verwaltet und wem er diese zugänglich macht – dies mag zunächst unbedeutend erscheinen, ist jedoch ein erheblicher Fortschritt gegenüber dem zentralisierten Modell der Datenspeicherung, das wir derzeit akzeptieren.

Oder anders gesagt: SBTs sind der nächste logische Schritt auf dem Weg der Blockchain in Richtung echter Dezentralisierung. Was meinen Sie, wohin uns diese Entwicklung führen wird?

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